Digitale
Geschäftsmodelle

Vorwort

Analoges oder digitales Geschäftsmodell? Hybrid ist die Antwort! Die Themen Digitale Transformation und Innovation prägen ... mehr

Global Insights - Lernen, wie es andere angehen (I)

Digitalization of the Dutch Real Estate Sector. 1. How would you assess the digital transformation of the Dutch real estate sector as a whole? ... mehr

Global Insights - Lernen, wie es andere angehen (II)

Ideen zur Digitalisierung Ihrer Immobiliengeschäfte. Die deutsche Immobilienwirtschaft gehört zu den weltweit führenden. Der Anteil gewerblicher Anbieter ... mehr

Digital Mindset

Was ist ein Digital Mindset und warum ist es so wichtig? Kurz gesagt geht es darum, im gesamten Unternehmen eine Mentalität zu etablieren ... mehr

Von Plattformen und digitalen Geschäftsmodellen

Wenn man sich mit der Frage beschäftigt, welche Auswirkungen die Digitalisierung auf Geschäftsmodelle hat, ist es hilfreich zu beschreiben, ... mehr

Modernes Datenmanagement: An Plattformen führt kein Weg vorbei

Gelungene Digitalisierung hängt ganz wesentlich am richtigen Umgang mit vorhandenen Daten. Erst ihre Transparenz ... mehr

Methodik, Diskurs und Enabler

Die methodische Einordnung des digitalen Wandels in der Immobilienwirtschaft kann deutlich machen, was die Branche bis heute mitunter zu zaghaft betrachtet ... mehr

Digitalisierung immobilienwirtschaftlicher Geschäftsmodelle

An der immobilienwirtschaftlichen Wertschöpfung sind eine Vielzahl von Stakeholdern beteiligt, die sich in unterschiedlichen Phasen engagieren ... mehr

Digitalisierung jenseits der Immobilienwirtschaft

Zu den Unternehmen der Immobilienwirtschaft gesellen sich immer mehr PropTechs, die versuchen Teile des etablierten Geschäftsmodells zu revolutionieren ... mehr

Digitalisierung in der Automobilindustrie

Die Automobilindustrie ist eine Branche, in der die Digitalisierung schon sehr früh in die Entwicklung, Produktion und Betrieb der Kernprodukte ... mehr

Idee der Kaltmiete

Gebäude werden in Zeiten des digitalen Wandels immer häufiger als Hardware verstanden, in deren “vier Wänden” das eigentliche Geschäft gemacht wird. ... mehr

Keine Angst vor StartUps

Unternehmen sehen sich immer schnelleren Veränderungszyklen von Marktbedarf, Technologie und wirtschaftlichem Umfeld ausgesetzt. ... mehr

Hürden des digitalen Wandels

Der digitale Wandel ist keinesfalls ein Selbstläufer. Er ist ein mitunter schmerzhafter Prozess, der die Art und Weise, wie eine Branche Arbeit, ... mehr

Vorwort

Analoges oder digitales Geschäftsmodell? Hybrid ist die Antwort!

Autor: Dr. Thomas Herr, CBRE, EMEA Head of Digital Innovation

Die Themen Digitale Transformation und Innovation prägen derzeit die Diskussion in unserer Branche. Doch sehr oft werden ausschließlich technologische Innovationen betrachtet. Zur Weiterentwicklung immobilienwirtschaftlicher Geschäftsmodellen sind der Wissenstand und der Austausch unter den Marktteilnehmern dagegen weniger entwickelt. Grund genug für den Digitalisierungsausschuss des ZIA, eine Arbeitsgruppe Digitale Geschäftsmodelle ins Leben zu rufen um die Frage zu klären, was digitale Geschäftsmodelle sind und welche dieser Modelle in der Immobilienbranche bereits vorhanden oder in Zukunft vorstellbar sind.

In den zahlreichen Treffen mit einer aktiven Teilnahme aller Mitglieder der Arbeitsgruppe, für die ich mich als gewählter Vorsitzender auch im Namen des ZIA herzlich bedanken möchte, wurde schnell klar, dass es eine allgemeinverbindliche Definition des Begriffes „Digitales Geschäftsmodell“ weder in der Theorie noch in der Praxis gibt, und diese zu finden die Arbeitsgruppe überfordern würde.

Zur Abgrenzung digitaler von traditionellen, analogen Geschäftsmodellen der Immobilienwirtschaft wurden daher in einem pragmatischen, diskursiven Ansatz folgende Merkmale digitaler Geschäftsmodelle herausgearbeitet:

  • ein datenbasiertes, virtuelles Leistungsversprechen (nicht physisch/materiell)
  • Skalierbarkeit
  • Nutzung von elektronischer Datenverarbeitungs- und Kommunikationstechnologie
  • keine Ortsbindung der Leistungserbringung
Die Gruppe hat sich anschließend darauf konzentriert, die verschiedenen Geschäftsmodelle entlang der Wertschöpfungskette der Immobilie und des Gebäudelebenszyklus in Bezug auf ihr jeweiliges Digitalisierungspotential zu analysieren. Dabei wurden nicht nur die Aspekte der monetären, sondern auch der Datenökonomie erörtert, die Rolle der verschiedenen Stakeholder beleuchtet und die in den verschiedenen Prozessschritten einsetzbaren digitalen Technologien untersucht. Die Ergebnisse dieser Analysen sind Inhalt der vorliegenden Dokumentation.

Zum Abschluss der Arbeit der Gruppe fand eine Umfrage unter den Teilnehmern statt (n=28), in der nach den Digitalisierungspotentialen verschiedener Geschäftsmodelle der Branche gefragt wurde, wobei die Einschätzung auf einer Skala von 1 (voll analoges Geschäftsmodell) bis 10 (voll digitalisiertes Geschäftsmodell) möglich war.

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Diagramm "Digitalisierungspotential" herunterladen

Grafik "Digitalisierungsrofil" herunterladen

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Es wird deutlich, dass in den Bereichen Finanzierung, Bewertung und Vermarktung digitale Geschäftsmodelle eine große Chance haben während in den baubezogenen Geschäftsbereichen eher analoge Modelle gesehen werden. Projektentwicklung, Planung und Betrieb wird ein mittleres Digitalisierungspotential zugesprochen.

Ein Fazit kann man daraus ziehen: die beteiligten Experten gehen davon aus, dass es rein digitale Geschäftsmodelle nur in wenigen Bereichen der Immobilienbranche geben wird, da am Ende in der Regel ein physisches Asset Bezugspunkt der Wertschöpfung ist und außerdem auf absehbare Zeit direkte, persönliche Kontakte in der Branche eine große Rolle spielen. Es entwickeln sich entlang der Wertschöpfungskette daher verschiedene hybride Geschäftsmodelle mit unterschiedlichem Digitalisierungsgrad.

Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen und einen hohen Erkenntnisgewinn.


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Global Insights - Lernen, wie es andere angehen (I)

Digitalization of the Dutch Real Estate Sector

Autor: Menno Lammers, Founder of PropTechNL

1. How would you assess the digital transformation of the Dutch real estate sector as a whole?

It’s a hard question. There is no global dashboard ‘digital transformation in real estate’ as far as I know. For a relatively small country, we are doing it pretty well. The Dutch Real Estate market is making their digital moves. For example, Schiphol Real Estate is working on their digital airport program. The Future Mobility Network is working on autonomous vehicles projects and the impact on real estate and cities. EcoChain developed Environmental Management Software to help companies to reduce their footprint (for processes and construction products). Three different examples, all three very important for the future of real estate.

2. What makes digital business models in the property industry so different from other sectors? How would you define a digital business model?

Real estate is not different than other industries. When you still thinking that way is stay in the past. Digitisation will move real estate companies' business models on two dimensions: from value chains to digital ecosystems, and from a fuzzy understanding of the needs of end customers to a sharper one. I expect the business models like Space-as-a-Service and Pay-by-Use will grow the common years.

3. Where exactly do you see the highest potential of digital business models within the real estate industry?

All phases will become digital. We have to reinvent them instead of digitalize the past, that’ sub-optimization. From a traditional perspective (Design 10, Construct 100 and Operate 300-500), I’m really looking forward for predictive maintenance solution. The biggest impact will be the concept ‘Digital Twin’ that offers huge (!) opportunities for the real estate lifecycle.

4. Can you name certain regulation that either impedes or facilitates the digital transformation of the real estate sector?

PropTechNL organized an event in February about GDPR in collaboration with our partner Dentons Boekel. For me it became extra clear that digital ethics should be on the agenda of the board. At this moment the BouwAgenda is working on a Digi-deal. I hope (and do my best) that it would not be a BIM-party. Otherwise we are back to the future. And yes, we have to make some steps with BIM to let it work for the total lifecycle of real estate. But you can run, but you cannot hide for the PropTech movement.

5. What can the German real estate sector learn from the Netherlands? “Football” wouldn’t be an appropriate answer

First of all, it would be great to learn from each other. Especially about developments in the PropTech market. PropTech does not have boundaries and there are enough (global) challenges we face. At the other hand, the only thing I ‘know’ about the German Real Estate market is EXPO Real, REIN and East Side Tower building in Berlin (with the MULTI elevator) developed by OVG in collaboration with thyssenkrupp. So, be proud of what you’re doing. Spread the word, like what the German PropTech initiative (GPTI) does.

PropTechNL is an inclusive cross-industry development platform that creates lighthouses for the future of real estate. Through PropTechNL he empowers the most progressive people from different industries, that use technology as a leverage to develop real estate that embodies a sustainable, prosperous future. Menno is a much sought-after strategy consultant by the boards of Real Estate companies. He is visionary, witty, personable and a person of high integrity. Menno worked for a diversity of companies like: Syntrus Achmea Real Estate and Finance, Savills, Rijksvastgoedbedrijf (part of Ministry of the Interior and Kingdom Relations). He is also mentor at Startupbootcamp ‘Smart City & IoT’.


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Global Insights - Lernen, wie es andere angehen (II)

Ideen zur Digitalisierung Ihrer Immobiliengeschäfte

Autor: Kristi Hakkaja, CEO and Gründerin von Moderan Solutions

Die deutsche Immobilienwirtschaft gehört zu den weltweit führenden. Der Anteil gewerblicher Anbieter von Mietwohnungen ist der höchste in ganz Europa und Vonovia gehört klar der Spitzengruppe an. Deutschland ist ebenso die weltweite Technologieschmiede mit Goldbeck und anderen Unternehmen, die neuste Technologien zur Automatisierung von Bauen und Parken anwenden. Dennoch gibt es noch den ein oder anderen Bereich, innerhalb des deutschen Immobiliensektors, wo Bedarf für digitale Anwendungen besteht, die das Potential für tiefgreifende Veränderungen besitzen.

Trotz oder vielleicht gerade wegen ihrer geringen Größe haben die 3 Baltischen Staaten, Estland, Lettland und Litauen, eine Führungsrolle in der Anwendung digitaler Geschäftsmodelle übernommen. Drei Haupttrends waren für das Entstehen neuer Digitalunternehmen federführend.

Erstens die flächendeckende Ausbreitung von web-basierten Softwarelösungen. Dieser Trend ist und war auch für den Erfolg der erfolgreichsten deutschen Technologieunternehmen wie z.B. ImmobilienScout24 und Propertybase von zentraler Bedeutung, wobei diese sich zumeist auf Marketing und Handelsplattformen konzentrierten. Im nächsten Schritt werden auch firmeninterne Prozesse wie z.B. Mietvertragsverwaltung, Berichterstattung, Instandhaltungsmanagement usw. auf web-basierte Software umsteigen. Web-basierte Geschäftsmodelle ermöglichen Lösungen wie z.B. Moderan (www.moderan.de) einfach zu bedienendes Mietvertragsmanagement und automatisierte Berichterstattung einem weiteren Kreis von Immobilienverwaltern, darunter Mittelstands- und Familienportfolios, regionale Technologieparks, Produktionsunternehmen die Immobilien vermieten usw., anzubieten. Transparenz in der Verwaltung von Dienstleistungen schaffen Lösungen wie z.B. Serfy (www.serfy.io), die Web- und Mobilanwendung kombinieren, so dass der Mieter Probleme über das Mobiltelefon direkt melden, der Handwerker diese beantworten und später einen Bericht per Handy erstellen, und letztendlich der Vermieter alles über eine zentrale Web-Plattform einsehen und verwalten kann.

Der zweite Aspekt ist die allgemeine Digitalisierung von Dokumenten sowie die Abkehr von papierbasierter Dokumentation. In Estland übernahm hierbei die Regierung selbst die Führungsrolle durch die Schaffung einer staatlichen, digitalen ID nicht nur in Estland, sondern für jeden weltweit erhältlich (https://e-resident.gov.ee). Alle Verträge und nationale Registervorgänge, inkl. Unterzeichnung von Mietverträgen, Beantragung von Baugenehmigungen sowie Änderung von Besitzverhältnissen, werden nun digital unterschrieben und bearbeitet. Dies bedeutet auch, dass keine Notwendigkeit zur Digitalisierung von Dokumenten besteht, da diese immer digital sind.

Hierdurch ist eine große Anzahl von Abläufen bereits von vorneherein digital. Unternehmen wie z.B. Avokaado (www.avokaado.com) stellen Vorlagen für digitale Mietverträge zur Verfügung und ermöglichen die gemeinsame Erstellung und Bearbeitung dieser Verträge. Sobald der Mietvertrag abgeschlossen ist bieten Unternehmen wie z.B. Fitek (www.fitek.com) zu hundert Prozent digitale Rechnungsprozesse an, so dass die Mietabrechnung automatisch direkt von der Buchhaltungssoftware des Vermieters an die Buchhaltungssoftware des Mieters gesendet wird, ohne dass einer der Vertragspartner etwas eintippen muss.

Als dritten globalen Trend ist die Entwicklung zu nennen, wobei fortschrittliche Unternehmen, anstatt All-in-one-Softwarelösungen wie z.B. SAP, spezialisierte Einzellösungen für das Management Ihrer Kernprozesse wie z.B. Mietvertragsverwaltung, Unterhalt und Berichterstattung, nutzen. Das Bedeutet, dass alle oben genannten Softwarelösungen jetzt in der Lage sind sicher Information untereinander auszutauschen, ohne dass es dabei zu menschlichem Fehlverhalten kommen könnte. Das bedeutet, wenn ein Immobilienunternehmen nicht mit seiner Verwaltungssoftware für Instandhaltungsdienstleistungen zufrieden ist, kann diese problemlos ausgetauscht werden, ohne dass dabei die Buchhaltungs- oder Mietvertragsmanagement Software ausgewechselt werden müssten. Der vorherige Ansatz der All-in-one-Software ist mit dem Kauf eines neuen Autos alle 10 Jahre zu vergleichen. Die neue, integrierte, Herangehensweise ist als ob man das selbe Auto weiterfährt, da fortlaufend kaputte Teile ausgetauscht und Neuerungen eingebaut werden können.

Neue digitale Technologien werden schnell zum Standard in der Immobilienbranche. Diese Lösungen werden in Zukunft einen Wettbewerbsvorteil für viele Immobilienunternehmen darstellen.

Für Immobilienunternehmen bleibt nur noch zu entscheiden womit man anfängt!


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Digital Mindset: Der Kunde ist der Treiber der digitalen Transformation

Autor: Dr. Florian Stadlbauer, Commerz Real, Head of Digitalization

Was ist ein Digital Mindset und warum ist es so wichtig? Kurz gesagt geht es darum, im gesamten Unternehmen eine Mentalität zu etablieren, die den digitalen Wandel verinnerlicht und neuen Technologien und Prozessen offen gegenübersteht. Die digitale Denkweise wird ein zentraler Teil der Unternehmens-DNA. Sie umfasst das Denken und Handeln der Mitarbeiter, die Organisationsstruktur und die internen Prozesse, die Schnittstelle zum Kunden und das Produkt-Design. Ein digitales Mindset ist die entscheidende Voraussetzung für eine erfolgreiche Transformation eines Geschäftsmodells in die digitale Welt. Wer sich dieser Transformation verweigert, wird über kurz oder lang vom Markt verschwinden.

Digital Mindset ist deshalb ohne Frage ein Thema für die Führungsetage. Doch von dort aus sollte es nicht einfach implementiert werden. Eine Mentalität lässt sich nicht von oben herab verordnen. Natürlich können technische Neuentwicklungen wie die Cloud oder die Blockchain zur Optimierung interner Prozesse isoliert genutzt werden. Das ist aber noch kein digitales Mindset. Denn ein Mentalitätswandel wird so nicht automatisch herbeigeführt.

Der Kunde muss stattdessen der Ausgangspunkt sein. Kundenorientierung sollte das gesamte Unternehmen durchdringen – auch beim digitalen Mentalitätswandel. Die Stichworte lauten Design Thinking und Customer Journey: Welches Problem des Kunden wollen wir lösen? Und über welche Touchpoints findet der Austausch mit dem Kunden statt? Erst daraus entstehen Produktvisionen – von Beginn an digital gedacht. Das ist ein anderer Ansatz der Produktentwicklung als eine methodische Vorgehensweise, in der zunächst eine Produktidee steht, dann Machbarkeits- und Marktstudien durchgeführt werden, das Produkt anschließend entwickelt wird und am Ende das Marketing das Produkt an den Kunden bringt.

Das gilt sowohl für die Übertragung von Produkten in die digitale Welt als auch für die Entwicklung neuer digitaler Produkte. Im Mittelpunkt der Digitalisierung steht die Veränderung der Kundenschnittstelle. Produktentwickler können im ständigen Austausch mit dem Kunden stehen und diesen bei der Umsetzung von Produktideen miteinbeziehen. Und gleichzeitig kann der Kunde bei Unzufriedenheit auch sehr schnell den Anbieter wechseln. Der Kunde ist der Treiber der digitalen Transformation. Daraus leitet sich das Digital Mindset des gesamten Unternehmens ab.

Wenn die Entscheidungen über Produkte jedoch an der Kundenschnittstelle getroffen werden, verschieben sich auch die Kompetenzen innerhalb des Unternehmens. Die Entwicklungskompetenz liegt beim Kundenkontakt, und je stärker die Kundenbindung ist, desto größer ist die Verantwortung. Das verändert die Aufgaben einer Führungskraft: Sie muss einerseits an der Kundenschnittstelle die Produktvision entwickeln, gleichzeitig aber dafür Sorge tragen, dass die Produktidee dann auch zügig realisiert werden kann, und die Verantwortung für die Umsetzung in den Unternehmensbereichen delegieren.

Deshalb endet Digital Mindset auch nicht an der externen Kundenschnittstelle – genauso wenig, wie die Kundenorientierung dort endet. Auch interne Prozesse und Schnittstellen müssen von Anfang an digital gedacht werden, und zwar nicht immer kunden-, sondern auch mitarbeiterorientiert. Digitale Produkte erfordern digitale Prozesse. Doch von der Kundenschnittstelle geht das digitale Mindsetting und damit der Transformationsprozess zum digitalen Unternehmen aus.

Jeder Transformationsprozess löst immer auch Ängste, Bedenken und Widerstände aus. Doch der Wandel von der Industrialisierung zur Digitalisierung ist nicht aufzuhalten und nimmt zunehmend Tempo auf. Wer also aus der reinen Kundenorientierung heraus denkt und handelt, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit auch künftig erfolgreich sein.

Dr. Florian Stadlbauer, Head of Digitalisation, Commerz Real;
Ausschussvorsitzender AK Digital Mindset, ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss


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Von Plattformen und digitalen Geschäftsmodellen – Eine Annäherung

Autor: Uwe Brodtmann, Solutiance AG, CEO

Wenn man sich mit der Frage beschäftigt, welche Auswirkungen die Digitalisierung auf Geschäftsmodelle hat, ist es hilfreich zu beschreiben, was man unter Geschäftsmodellen versteht. In den letzten 20 Jahren haben unter anderem das Internet und die Nutzung von Smartphones bereits diverse Branchen und Geschäftsmodelle grundlegend verändert. Für die Beurteilung der Frage, welche Auswirkungen die Digitalisierung auf Geschäftsmodelle hat, haben wir versucht, die Dimensionen zu betrachten, in denen sich in der Vergangenheit Geschäftsmodelle durch die fortschreitende Digitalisierung verändert haben. Diese drei Dimensionen sind:

1. Die Art und Weise, wie Leistungen erbracht und inhaltlich gebündelt werden,
2. die Art und Weise, wie diese Leistungsbündel vertrieben und zugänglich gemacht werden und
3. die Art und Weise in der die Leistungen abgerechnet und vertraglich gebündelt werden.

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Die Vergangenheit hat gezeigt, dass die Digitalisierung neue Möglichkeiten in allen drei Dimensionen geschaffen hat und weiterhin schaffen wird. Die Musikindustrie ist dafür ein gutes Beispiel.

Zunächst wurden hier analoge Vinylplatten von digitalen CD abgelöst. Bei diesem Schritt hatten sich Marketing / Vertrieb und Distribution ebenso wenig verändert, wie die Abrechnung. Kunden kauften nach wie vor im Einzel- oder Versandhandel und mussten in der Regel das gesamte Album kaufen, auch wenn sie eigentlich nur einzelne Lieder hören wollten. Sowohl der Vertriebsweg, als auch die Abrechnung (nicht aber die Leistungserbringung), änderte sich mit itunes. Apple hatte mit den Plattenlabels verhandelt, auch einzelne Lieder verkaufen zu können. Dieses „Unbundling“ machte es für Kunden einfach und preiswert, über die Plattform Musiktitel auch einzeln zu kaufen. Mit der technischen Entwicklung der verfügbaren Bandbreite zur Datenübertragung kam aus Kundensicht eine weitere Option dazu: der Streamingdienst Spotify, bei dem man per Abonnement zahlt, oder per Duldung von Werbeeinblendungen. Hier änderte sich das Vertrags- und Preismodell, aber weder die Leistung an sich, noch der Vertriebskanal. Was zunächst im Modell itunes entbündelt wurde, setzte Spotify zu neuen Bündeln zusammen.

Eine ähnliche Entwicklung gab es in einem anderen heute prominenten Medienunternehmen. Netflix hat als Online DVD 1997 begonnen. Mit der nötigen Bandbreite startete das Unternehmen 2007 die Distribution der verliehenen Filme per Streaming, statt physischer Lieferung. Heute kann man Netflix ebenfalls im Abo beziehen. Zudem hat Netflix damit begonnen, bei der Leistungserbringung selbst als Produzent tätig zu werden.

Wie schon kurz skizziert, wurden diese Veränderungen durch technische Entwicklungen in verschiedenen Bereichen möglich. Will man die Auswirkungen der Digitalisierung auf Geschäftsmodelle verstehen, muss man bis zu einem gewissen Grad die technologischen Aspekte verstehen, die Veränderungen ermöglichen. Bei den Beispielen Spotify und Netflix war eine ausreichende Bandbreite zur fehlerfreien Datenübertragung eine Voraussetzung.

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Das Internet und das darauf basierende World Wide Web basieren, vereinfacht gesagt, auf einer gut funktionierenden Kombination aus ausreichender Rechenleistung, fehlerfreier Datenübertragung und der Fähigkeit per Software, Daten zielführend zu verarbeiten und aufzubereiten. Smartphones sind ein Beispiel für sehr leistungsfähige Rechner die mit diversen Zusatzkomponenten versehen sind, die diverse neue Geschäftsmodelle überhaupt erst möglich gemacht haben. Erst als diese Geräte und die darin eingebetteten Systeme eine Größe erreicht hatten, die im Alltag einfach nutzbar war, wurden sie zum Verkaufsschlager, der die Welt verändert hat. Die Größe und Usability der Geräte machte zudem ganz neue Geschäftsmodelle überhaupt erst möglich. So ist z.B. der Einsatz von GPS-Sensoren die Basis für alle geo-basierten Angebote. Eine andere Branche, in der die technologische Entwicklung neue Geschäftsmodelle überhaupt erst möglich gemacht hat, ist die Automobilindustrie, bzw. um genauer zu sein die Mobilitätsindustrie.

BMW, Sixt, Car2Go und Uber sind Beispiele dafür, wie Kunden in verschiedenen Szenarien Ihre Nutzenerwartungen mit unterschiedlichen Leistungsbündeln über unterschiedliche Vertriebskanäle zu unterschiedlichen Vertragsbedingungen decken. Sowohl Car2Go, als auch Uber wurden erst durch die Einführung von Smartphones mit ubiquitär verfügbarer und wiederum ausreichender Bandbreite möglich.

Das Internet und seine Anwendungsbereiche bieten darüber hinaus natürlich eine Fülle an neuen Geschäftsmodellen, die erst mit der Ausbreitung schneller, leistungsfähiger Rechner / Zugangsgeräte, Software und Datenverbindungen möglich wurden. Diese Entwicklung hat auch dazu geführt, dass alte Geschäftsmodelle gleich von zwei Seiten angegriffen wurden. Die Zeitungsindustrie hat auf der einen Seite zahlende Abonnenten verloren und auf der anderen Seite Werbekunden. Diese Werbekunden setzen in Ihren Geschäftsmodellen in der Dimension Marketing / Vertrieb / Distribution jetzt auf Internetkanäle, in denen zum einen die Effekte der eingesetzten Budgets besser messbar sind und die Streuverluste geringer. Die gleiche Entwicklung des Verschiebens von Werbegeldern hat auf der anderen Seite neue Chancen eröffnet. So bietet z.B. Youtube neue Möglichkeiten, Inhalte zu präsentieren und sich dafür mit Werbegeldern bezahlen zu lassen.

Erik Brynjolfsson und Andrew McAfee, zwei Ökonomieprofessoren vom MIT, fassen ein Geschäftsmodellphänomen des Internetzeitalters wie folgt zusammen:

„Platforms are online environments that take advantage of the economics of free, perfect, and instant. To be more precise, a platform can be defined as a digital environment characterized by near-zero marginal cost** of access, reproduction, and distribution. The Internet, of course, is the platform most familiar to most of us, and the one responsible for the industrial disruptions we described earlier. In a sense, it is a platform of platforms.“*

*Brynjolfsson, Erik; McAfee, Andrew. Machine, Platform, Crowd: Harnessing Our Digital Future (S.137). W. W. Norton & Company. Kindle-Version.

Die Attribute kostenlos (free), perfekt und sofort (instant) gelten dabei natürlich nur für digitale Inhalte und Formate. Facebook, Twitter und Co sind ideale Beispiele. Ein Blick auf Plattform Geschäftsmodelle zeigt aber, dass inzwischen auch viele Unternehmen entstanden sind, die auf Ihren Plattformen die Welt der bits mit der Welt der Atome verbunden haben. Immer wenn also physische Produkte oder Dienstleistungen ins Spiel kommen, müssen sich die Geschäftsmodelle auch an den Bedingungen der Realwelt ausrichten.

Für die Beurteilung der Auswirkungen der Digitalisierung auf Geschäftsmodelle sind also die beschriebenen drei Dimensionen der Veränderung von Geschäftsmodellen ebenso hilfreich, wie die Betrachtung der technischen Rahmenbedingungen der Digitalisierung. Damit aber nicht genug. Eine weitere wichtige Perspektive ist der Kontext, in dem ein Geschäftsmodell in einer Branche betrachtet werden soll.

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Bei der Analyse des Kontexts kommt mit dem technischen Umfeld eine weitere technologische Perspektive ins Spiel, die eben schon kurz mit Blick auf die Welt der Atome angesprochen wurde. Natürlich ist auch dieses Umfeld von der Entwicklung der Digitalisierung beeinflusst. Aber es kommen weitere Aspekte dazu. So wird z.B. der 3D-Druck diverse Geschäftsmodelle in allen drei betrachteten Dimensionen, also bei der Leistungserbringung, in Vertrieb / Distribution und in der Vertragsgestaltung verändern. So müssen beispielsweise Ersatzteile für Maschinen oder Flugzeuge nicht mehr bei dringendem Bedarf durch die Welt geflogen werden, sondern können mit Hilfe neuer Designsoftware vor Ort produziert werden. Ein Umstand, der mindestens die Leistungserbringung und Distribution verändern wird. Aber dafür müssen auch nicht digitale Probleme z.B. in den Bereichen Werkstoffkunde, Chemie, Maschinenbau, etc. gelöst werden.

Zum Kontext einer Branche zählt auch das regulatorische Umfeld, also die Entwicklung von rechtlichen Rahmenbedingungen. So wird das technisch mögliche autonome fahren von Autos im Alltag wohl erst möglich sein, wenn alle rechtlichen Fragen der Verantwortung im Fall von Schäden geklärt und in Gesetzen und Verordnungen umgesetzt sind.

Mit der Betrachtung der Dimensionen für Geschäftsmodelle, des technischen Rahmens der Digitalisierung und des Kontexts hat man also drei Perspektiven, die man relativ gut strukturiert beleuchten kann.

Eine weitere Perspektive, die sich ungleich schwerer beschreiben oder prognostizieren lässt, ist die Veränderung von Nutzenerwartungen bei Kunden in einer volatilen, unsicheren, komplexen und mehrdeutigen Umwelt. Die Erfahrung der jüngeren Vergangenheit zeigt, dass agile Methoden bei der Entwicklung von Lösungen und Geschäftsmodellen hilfreich sind. Trial and Error ersetzen den langfristigen Plan. Methoden wie Design Thinking sorgen dafür, dass sich Unternehmen mit Ihren Kunden und deren Erwartungen in einer Art und Weise auseinandersetzen können, die schnell zu messbaren Ergebnissen führt.

Wer sich mit den Chancen und Risiken der Digitalisierung für sein Unternehmen beschäftigen will, kommt also nicht umhin, sich gedanklich in verschiedenen Dimensionen zu bewegen und sich auf neue Themen einzulassen.


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Modernes Datenmanagement: An Plattformen führt kein Weg vorbei

Autor: Maurice Grassau, Gründer und CEO Architrave GmbH

Gelungene Digitalisierung hängt ganz wesentlich am richtigen Umgang mit vorhandenen Daten. Erst ihre Transparenz und einfache Austauschbarkeit sorgt für den entscheidenden Durchbruch bei der digitalen Transformation. Für die leichte Verfügbarkeit der Daten bilden Plattformen ein notwendiges Mittel. Im Asset Management sind Datenplattformen wertvolle Helfer für effiziente Prozesse und höheren Geschäftserfolg.

Die schlechte Nachricht zuerst: Die im Oktober 2018 präsentierte ZIA-Digitalisierungsstudie zeigt auf, dass die Digitalisierung in der deutschen Immobilienbranche stockt. In der Selbsteinschätzung gaben die befragten Unternehmen an, dass sich nur acht Prozent selbst zur digitalen Exzellenz bekennen. Im Jahr 2017 waren es sechs Prozent. Fast die Hälfte steht noch in den Startlöchern und testet gerade die digitalen Prozesse. Der Anteil derjenigen Branchenakteure, die weite Teile der Digitalisierung bereits absolviert und neue Prozesse etabliert haben, sank sogar von 38 auf 32 Prozent. Fazit 1: Digitalisierung weckt in weiten Teilen der Branche immer noch Sorgen, ein klar strukturiertes Vorgehen fehlt größtenteils.

Die gute Nachricht hingegen: PropTechs erfreuen sich zunehmender Beliebtheit in Investorenkreisen. Die New Yorker Digitalisierungsplattform CB Insights ermittelte allein für die Jahre 2013 bis 2017 ein Wachstum von 400 Prozent bei den Investitionsvolumina in PropTechs. 2017 waren es bereits weltweit 1,9 Milliarden US-Dollar, die in Digitalisierungstreiber für die Immobilienwirtschaft flossen. Zweitgrößter Investitionsmarkt nach Nordamerika ist Europa. Fazit 2: Die Immobilienwirtschaft erkennt die Notwendigkeit der digitalen Transformation und bedient sich dafür innovativer Dienstleister.

Wie kommen PropTechs und etablierte Immobilienwirtschaft denn nun zusammen? Um sich als PropTech erfolgreich etablieren zu können, muss auf die Bedürfnisse der Branche eingegangen werden. Hier nennt die ZIA-Digitalisierungsstudie als kurzfristige, d.h. in maximal fünf Jahren flächendeckende Innovation Datenplattformen. Sie zählten bereits 2017 zu den Topthemen der Digitalisierung. In der jüngsten Studie gehen sie explizit einher mit den Methoden „Data Mining“ und „Data Analytics“. Einfach ausgedrückt, erwartet die deutsche Immobilienbranche intelligente Datenplattformen, die die verfügbaren Daten aus Dokumenten auslesen, kategorisieren und passend zuordnen können.

Die maßgebliche Triebfeder hierfür ist Künstliche Intelligenz. Mit entsprechenden Algorithmen können Datenpunkte aus bestehender digitaler Dokumentation ausgelesen und einem Index zugeordnet werden. Ein einheitlicher Index mit festen Kategorien ist für die effiziente Arbeitsweise der Plattform unabdingbar. Hier leistet die gif Gesellschaft für immobilienwirtschaftliche Forschung maßgebliche Arbeit.

Ein gemeinsamer Index, eine gemeinsame Plattform und eine allgemeine Austauschbarkeit von Daten legen bereits das Grundprinzip für gelungene Digitalisierung dar: Kooperation. So wie Staaten in gemeinsamen Verhandlungen verbindliche Vorgaben und Institutionen für das Völkerrecht geschaffen haben, so bedarf es auch in der Immobilienbranche der Initiative großer Akteure. Im Rahmen des Real Estate Data Summit (REDS) haben sich führende Asset Management-Unternehmen zusammengeschlossen, um gemeinsame Standards und Vorgaben mit branchenweiter Strahlkraft zu entwickeln. Durch die Vereinigung der Großen mit wissenschaftlichen Institutionen wie der gif und mit PropTechs als Dienstleistern kann der entscheidende Sprung auf die Datenplattform für die gesamte Immobilienbranche Wirklichkeit werden.


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Methodik, Diskurs und Enabler – Die Zukunft immobilienwirtschaftlicher Geschäftsmodelle

Die methodische Einordnung des digitalen Wandels in der Immobilienwirtschaft kann deutlich machen, was die Branche bis heute mitunter zu zaghaft betrachtet: Die Digitalisierung ist da – schon längst.

Digitalisierung als diskursives Buzzword verleitet jedoch zu Unschärfe. Denn viele, die von Digitalisierung sprechen meinen eigentlich Digitisierung – die digitale Abbildung von Prozessen und Informationen. Was aber in Zeiten technologiegetriebenen Wandels viel relevanter ist: der digitale Ersatz bislang erfolgter analoger Prozesse – also Digitalisierung. Denn genau hier manifestiert sich der Strukturwandel – eben jene gesamtgesellschaftliche Umwälzung, die Ängste schürt, Unsicherheiten hervorruft und in so mancher Vorstandsetage zu Passivität verleitet.

Die Einflüsse der Digitalisierung auf bestehende Geschäftsmodelle werden dann besonders anschaulich, wenn wir uns verdeutlichen, welche Technologien heute und in Zukunft ein Maximum an Kundenerlebnis schaffen könnten und zwangsläufig werden. Hierfür haben wir ohne Anspruch auf Vollständigkeit und aus dem Kreise der MItglieder des Arbeitskreises drei Lebenszyklen erarbeitet, die i) den Nutzer, ii) den Investor und iii) das Gebäude selbst in Augenschein nehmen und mit relevanten Technologien verknüpfen. Dabei bedingt die Auswahl von Technologien einerseits den Erfolg digitaler Geschäftsmodelle in den jeweiligen Micro-Lebenszyklen, um auch zukünftig am Markt teilhaben zu können. Andererseits werden (nationale) immobilienwirtschaftliche Geschäftsmodelle nur dann erfolgreich sein, wenn sich deren Digitalisierung in einer innovations- und technologiefreundlichen Umwelt vollziehen kann. Für Unternehmen bedeutet das nichtsdestotrotz, dass die Öffnung, Hinterfragung und Anpassung des eigenen Geschäftsmodells verbindlich im eigenen Kerngeschäft verankert sein muss.

Auf kurze Sicht wird deutlich, dass eine Vielzahl unterschiedlichster Technologien entweder bereits Anwendung in der Immobilienwirtschaft finden oder aber mangels Standardisierung zumindest vermehrt erprobt werden. Besonders erkenntnisreich ist hierbei IoT bzw. Meteringhardware – nicht umsonst sind Daten das neue Gold. Virtual und Augmented Reality sorgen in weiteren Schritten für Erleichterung bei der Vermarktung und der Bewirtschaftung von Immobilien, während Datenanalysen, Machine und Deep Learning für eine zunehmende Automatisierung und Kundenfokussierung sorgen. Bemerkbar macht sich das z.B. in der Objektbewertung und -vermittlung, der Urkunden- und Vertragsverwaltung oder der B2C-Kommunikation. Letztendlich ebnen Anwender durch zunehmende Nutzung von Technologien auf diese Weise langfristig den Weg hin zum transparenten und nachhaltigen Asset – getreu dem Motto: Alle Technologien führen zur Blockchain. Unternehmen, die diesen Trend derzeit zurückhaltend betrachten, könnten in den nächsten Jahren in Schwierigkeiten geraten. Alleine Makler oder aber Banken erfahren durch plattformbasierte Matching- und Finanzierungslösungen eine zunehmende Verdrängung.

Die Digitalisierung von immobilienwirtschaftlichen Geschäftsmodellen wird in den kommenden Jahren rasant zunehmen. Gegenwärtig fehlt es jedoch noch u.a. vermehrt an B2C/B2B-Schnittstellen, Standards beim digitalen Zwilling und einer digitalen Verwaltung, um Finanzierung, Planung und Nutzung ganzheitlich zu vereinfachen oder aber die Rentabilität genauer zu kalkulieren.


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Digitalisierung immobilienwirtschaftlicher Geschäftsmodelle – Ein Blick in die Praxis

Autor: Robert Betz, Director, Asset Management | Real Estate, KPMG AG

An der immobilienwirtschaftlichen Wertschöpfung sind eine Vielzahl von Stakeholdern beteiligt, die sich in unterschiedlichen Phasen engagieren, deren bestehendes Geschäftsmodell jedoch nur einen Teil des Lebenszyklus abbildet. Beispielhaft seien die folgenden genannt:

Die Vielzahl der Stakeholder ist also gerade in der Immobilienwirtschaft ein spannendes Betätigungsfeld für technologische Disruptionen, die üblicherweise darauf zielen, Intermediäre in einem komplexen Prozess zu eliminieren und zu einer aus Kundensicht vereinfachten Geschäftsabwicklung zu kommen.

Wie auch in anderen Industrien sind in der Immobilienwirtschaft einige Technologien die Grundpfeiler für eine Digitalisierung des Geschäftsmodells. Lebenszyklus- und nutzergruppenübergreifend sind hier insbesondere die folgenden zu erwähnen:

  • Cloud Computing
  • Robotic Process Automation
  • Blockchain
  • Machine Learning / Künstliche Intelligenz
  • Data Analytics
  • Robotik / Drohnen
  • Augmented Reality / Virtual Reality
Ebenfalls zu den relevanten Querschnittstechnologien sind die Applikationen zur medienbruchfreien Kommunikation und zur intelligenten Texterkennung und -weiterverarbeitung zuzurechnen. In diese Bereiche wird zukünftig immer mehr die Sprachsteuerung über digitale Assistenten Einzug halten und die tradierte Geschäftsmodelle und Kommunikationskanäle verändern. Chatbots, die mit künstlicher Intelligenz und natürlicher Stimme Geschäftsvorfälle an der Kundenschnittstelle eines Geschäftsmodells bearbeiten, werden nicht nur Prozesse, sondern auch Rollenmodelle tiefgreifend verändern.

Auch vor den sogenannten Back-Office-Prozessen macht die Digitalisierung der Geschäftsmodelle nicht Halt. Bereits heutzutage ist eine Desktop-Applikation ohne entsprechende mobilen Ag werden die Cloud-basierten Applikationen übern den Browser als zenrales User Interface zur Verfügung gestellt. Die mobilen Apps werden also noch mehr der zentrale Kommunikationskanal und -schnttstellevom BackOffic zum Front-Office und damit zum Nutzer und Kunden.

Insbesondere die sogenannten “Smart Contracts” werden die traditionell in Papierform gehaltenen vertraglichen Beziehungen neu definieren und bei allen Immobilienunternehmen zu Veränderungsbedarfen in der Ausgestaltung der B2B- und B2C-Geschäfte führen.

Während sich der überwiegende Teil der Nutzergruppen in der Immobilienwirtschaft mit dem Gebäude beschäftigt, ist ein wesentlicher Datenschatz noch nicht in bestehende und derzeit absehbare Geschäftsmodelle integriert. Gerade wenn es um die Gestaltung von Lebensräumen und Städten geht werden die verfügbaren Daten in Geoinformationssystemen (GIS) einen wesentlich höheren Stellenwert als in der Vergangenheit bekommen.

Doch neben den Basistechnologien und den für die Digitalisierung der Geschäftsprozesse notwendigen Technologien gibt es gerade in der Immobilienwirtschaft ein weiteres Handlungsfeld - die Immobilie selbst. Schon während der Bauphase ist das Building Information Modelling (BIM) der Geburtshelfer für digitale Geschäftsmodelle aller Art, sei es bei der Generierung der notwendigen Daten für Altbestände, bis hin Veredelung und Weiterverarbeitung bestehender BIM-Daten. Diese können nicht nur in der Entwurfsphase in einem 3D-Drucker viel genauer visualisiert werden, auch in der späteren Bauphase wird der 3D-Druck einzelne Gebäudeteile effizienter und detailgetreuer herstellen, als traditionelle Verfahren dies derzeit tun.

Das was sich im Kleinen in den Wohnungen an digitaler Revolution abspielt ist Auf das Smarte Building zu übertragen und gilt ebenso für die Smart City. Auf diesen drei Ebenen werden sich neue digitale Geschäftsmodelle auf Basis der Infrastruktur der Gebäude bilden. Sie ist der Datenlieferant für die Weiter- und Neuentwicklung von Geschäftsmodellen. Insbesondere die rasante Entwicklung von Sensorik (Internet of Things) und Data Analytics öffnet hier ein weites Spielfeld von der intelligenten Gebäudesteuerung bis hin zum Portfoliobenchmarking. Sogenannte Mehrwertdienste auf Basis bestehender Daten kommen ohne die Infrastruktur “Gebäude” aus und können schnell skalieren, sofern sie die technischen Grenzen der in den Gebäuden verbauten technischen Anlagen und deren Kommunikationsstandards überwinden können. Erste Ansätze hierfür zeigt die Entwicklung im Bereich “Smart Meter” für die Messung von Energie- und Wasserverbräuchen. Für das eigene digitale Geschäftsmodell ist jedoch eine Abgrenzung bzw. Integration der eigenen Geschäftsprozesse mit der DIgitalisierung im privaten Wohnungsbereich mit dem “Smart Home” zu finden.


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Breakout I: Digitalisierung jenseits der Immobilienwirtschaft

Autor: Julian Hagenschulte, Head of Digital Advisory, CBRE

Zu den Unternehmen der Immobilienwirtschaft gesellen sich immer mehr PropTechs, die versuchen Teile des etablierten Geschäftsmodells zu revolutionieren oder die Wertschöpfungskette mit ihren digitalen Services anzureichern (z.B. Mieter-Apps), was Veränderungen des Marktumfelds mit sich bringt. Generell ist ein Innovationsdruck in der Branche zu erkennen – sei es durch neue Unternehmen, Technologieunternehmen (d.h. durch die Möglichkeiten digitaler Technologien), die Immobilienunternehmen selbst oder durch neue Kundenanforderungen.

Zahlreiche Industrien sind der Immobilienwirtschaft, was den Umgang mit Digitalisierung und Innovation angeht, deutlich voraus, z.B.:

  • Der Einzelhandel ist bereits seit langem mit Online-Shopping konfrontiert – Resultat: Erkenntnis, wie wichtig positive Nutzererfahrung für den Erfolg des stationären Vertriebsmodells ist.
  • Agilität – ein Konzept aus der Software-Entwicklung – hält Einzug in zahlreiche Branchen und soll eine flexiblere, proaktivere Reaktion der Organisation auf Veränderungen ermöglichen.
  • In der verarbeitenden Industrie ist Innovation immer schon ein zentraler Bestandteil des Geschäftsmodells. Organisationskonzepte wie LEAN aus der Automobilindustrie (zur effizienten Gestaltung der gesamten Wertschöpfungskette industrieller Güter) werden in anderen Industrien (Handel, Supply Chain, Versicherung/ Banken) erfolgreich eingesetzt.
Darüber hinaus stellen Kunden bzw. Immobiliennutzer Erwartungen an die Interaktion/ Kundenschnittstelle, wie sie es aus anderen Industrien oder Unternehmen kennen (z.B. Kundenbetreuung von Google, Amazon). Die Möglichkeit, auf in anderen Industrien erprobte Lösungsmuster zu Geschäftsmodellinnovationen aufbauen zu können senkt das Risiko für Fehlentscheidungen deutlich.

Im Folgenden soll skizziert werden, in welchen Bereichen die Immobilienwirtschaft von anderen Industrien wie der Finanz- und Versicherungsindustrie lernen kann. Da die Digitalisierung und der Einsatz neuer Technologien in der Immobilienwirtschaft sich oftmals auf den Bereich der Automatisierung und Effizienzsteigerung (bspw. BIM, Robotik) fokussiert besteht derzeit noch ein deutlicher Nachholbedarf im Bereich der Digitalisierung der Kundeninteraktion. Deshalb wird dieser Bereich besonders hervorgehoben.

Empfehlung 1: Optimierung der Leistungserbringung durch Nutzung von Kooperationen und Wertschöpfungsnetzwerken

In der Versicherungsindustrie sind in den letzten Jahren Kooperationen zwischen Krankenversicherern, im Bereich betriebliche Altersvorsorge oder mit Unternehmen aus dem Bereich Handel, Energieversorgung, Automotive etc. stark gestiegen, um individuelle, komplexe (Versicherungs-) Produkte anbieten zu können. In der Immobilienwirtschaft gibt es erhebliches Potential z.B. Kooperationen zwischen etablierten Immobilienunternehmen und (spezialisierten) PropTechs auszubauen. Dies ermöglicht gerade den etablierten Unternehmen, durch die Integration innovative Lösungen, ihre Wertschöpfungskette zu optimieren und ihren Kunden neuartige Produkte und Dienstleistungen anbieten zu können.

Empfehlung 2: Ergänzung von physischen (Immobilien-)Produkten durch datenbasierte Zusatzleistungen

KfZ-Versicherer bieten ihre Produkte und Garantien heutzutage oftmals als Zusatzleistung zum Kaufvertrag an oder ermöglichen nutzungsbasierte/ flexible KfZ-Versicherungsprodukte. Sachversicherer erweitern ihre Dienstleistungen zum Beispiel im Bereich vollständige Schadensteuerung, um als Allround-Dienstleister beim Kunden war genommen zu werden. Auch hier gibt es deutliches Optimierungspotential in der Immobilienbranche wie zum Beispiel hinsichtlich der Ergänzung von digitalen Zusatzprodukten für den Mieter (Mieter-Apps etc.). Auch sollten die bereits existierenden flexiblen, verbrauchsbasierten Nutzungskonzepte von Gebäuden noch weiter ausgebaut werden.

Empfehlung 3: Ganzheitliche Kundensicht insbesondere im Bereich Vertrieb und Vermarktung

Die Versicherungsindustrie ist schon seit Jahren damit beschäftigt ihre Vertriebswege zu verzahnen – insbesondere als Reaktion auf ein deutlich gestiegenes hybrides Kundenverhalten, d.h. Nutzung von online und offline Kanäle (Multikanal-Digitalisierungsstrategie). Gleichzeit wird im Bereich Target Marketing versucht die Datenflut über den Kunden für ein personengenaues Marketing zu nutzen. Dies lässt sich auch auf die Immobilienwirtschaft übertragen. Verfügbare Online- und Offline-Daten sollten für eine ganzheitliche Kundensicht genutzt werden, um unter anderem Prognosen über ein zukünftiges Verhalten des Immobiliennutzers zu ermöglichen und passgenaue Produkten und Dienstleistungen anbieten zu können. Ziel ist, dass jeder Kunde/ Nutzer ein Angebot erhält, dass genau seinem Profil und Vorlieben entspricht.


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Breakout II: Digitalisierung in der Automobilindustrie

Autor: Uwe Brodtmann, Solutiance AG, CEO

Die Automobilindustrie ist eine Branche, in der die Digitalisierung schon sehr früh in die Entwicklung, Produktion und Betrieb der Kernprodukte, der Autos Einzug genommen hat. Die Anforderungen an die Autos von morgen werden schon seit jeher von dem getrieben, was Ingenieure für machbar halten und die Marketingabteilungen für verkaufbar. Dabei ist der Hunger der Kunden nach immer mehr Komfort und Sicherheit bei immer geringeren Verbräuchen ebenso ein Treiber, wie die Anforderungen der Regulierungsbehörden nach immer besseren Abgaswerten. Die jüngste Vergangenheit hat gezeigt, dass Software dabei auch missbraucht werden kann.

Autos sind heute Mehrfachrechner auf Rädern. Ein Netzwerk aus Sensoren und Aktoren, gesteuert von leistungsfähigen Rechnern im Kleinformat und vernetzt über ebenfalls leistungsfähige Bussysteme sorgt dafür, dass Autos in absehbarer Zukunft autonom fahren können. Neben der Vernetzung der Rechner im Auto gehört dazu auch die Vernetzung des Autos mit seiner Umwelt über entsprechende Übertragungswege und -protokolle.

Die Entwicklung dieser Autos ist das Ergebnis der Zusammenarbeit eines Netzwerks an Automobilherstellern (OEM) und einem mehrstufigen System an Zulieferern (Tier1, Tier2, etc.). Experten gehen davon aus, dass im Jahre 2022 der Anteil der Wertschöpfung für digitale Elemente (Hardware / Software) 50% erreichen wird. Softwarebasierte Angebote werden zunehmend zum Differenzierungsfaktor. Die Automobilhersteller haben allerdings erkannt, dass es sinnvoll ist, bei der Entwicklung der Systeme überall dort auf gemeinsame Standards zu setzen, wo diese Elemente nicht wettbewerbsdifferenzierend sind.

Neben den Veränderungen des Leistungsumfangs des Kernprodukts hat die Digitalisierung auch die verbundenen Bereiche der Leistungserbringung verändert. Werkstätten müssen zunehmend in der Lage sein, die Computer auf Rädern zu warten. Der „Schrauber um die Ecke“ muss sich mit neuen Werkzeugen und Know How ausstatten, um selbst in die Jahre gekommene Autos noch bearbeiten zu können. Zudem ist der Bedarf an Wartung und Reparaturen im Laufe der letzten Jahre zurückgegangen, weil die softwaregesteuerten Autos weniger Wartungsbedarf haben und weniger Unfälle produzieren.

Eine andere Dimension von Geschäftsmodellen, Marketing / Vertrieb und Distribution haben sich mit Einzug der Digitalisierung ebenfalls deutlich verändert. Das Internet als Informationsquelle mit entsprechenden Portalen gehört zum Standard des Automobilhandels, egal ob neu oder gebraucht. Mit der damit einhergehenden Transparenz sind Preise und Margen unter Druck gekommen. Das klassische Markenautohaus ist damit aus zwei Richtungen bedroht: Handelsmargen und Werkstattumsätze sinken.

Betrachtet man die Automobilindustrie über den Verkauf und die dazugehörigen Dienstleistungen hinaus und nimmt eine Mobilitätsperspektive ein, so ist auch hier die Branche im Wandel. Ein Artikel auf Spiegel Online vom 29.3.2018 fasst die aktuelle Lage wie folgt zusammen:

Mobilitätsdienste gewinnen für Autobauer zunehmend an Bedeutung. Viele wollen daher weg vom reinen Verkauf von Fahrzeugen, hin zum Angebot von Dienstleistungen rund ums Auto. Durch die Zusammenlegung ihrer Carsharing-Dienste wollen sich BMW und Daimler gegenüber Konkurrenten aus den USA oder China wie dem Fahrdienstanbieter Uber oder Didi Chuxing Marktanteile sichern. "Als Pioniere des Automobilbaus werden wir nicht anderen das Feld überlassen, wenn es um die urbane Mobilität der Zukunft geht", erklärte Daimler-Chef Dieter Zetsche. Es werde künftig mehr Menschen als heute geben, die in den Städten auf ein eigenes Auto verzichten, aber trotzdem sehr mobil sein möchten.

…Außerdem vergrößert sich das Angebot für den Kunden, da BMW und Daimler neben der Carsharing-Sparte auch weitere Mobilitätsdienste in das Joint Venture einbringen. Dazu gehören beispielsweise der Fahrdienstvermittler Mytaxi, der Parkdienst ParkNow, oder die App Moovel, über die verschiedene Mobilitätsangebote vernetzt sind. Diese Dienste sollen künftig auf einer gemeinsamen Plattform arbeiten und kommen nach Unternehmensangaben zusammengerechnet auf Dutzende Millionen Kunden weltweit.

…Insgesamt gibt es in Deutschland mittlerweile circa 165 Carsharing-Anbieter in 677 Städten, darunter viele kleine, die oft nur sehr regional begrenzt agieren. Neben den derzeit größten Anbietern DriveNow und Car2Go gibt es beispielsweise noch Flinkster, einen Carsharing-Anbieter der Deutschen Bahn mit rund 4000 Fahrzeugen in 300 deutschen Städten, Cambio (Rund 1600 Fahrzeuge in 21 Städten), Stadtmobil (2600 Fahrzeuge in 100 Städten) oder Book-n-Drive (830 Fahrzeuge in 17 Städten).

…Insbesondere das autonome Fahren könnte das Carsharing künftig stark verändern. "Die Kosten könnten sich beispielsweise mit Robotaxis bald halbieren und der Nachfrage weiter Schub geben", sagt Felix Kuhnert von der Unternehmensberatung PwC. Taxi, Carsharing, Mietwagen werden mit dem selbstfahrenden Auto zusammenwachsen, und ab 2020 dürften die ersten Robotaxis für die Erprobung mit Kunden auf die Straßen kommen. "In zehn Jahren werden sich Robotaxi-Flotten in Ballungsgebieten etablieren, vor allem in Asien, aber auch in Nordamerika und Europa. Zunächst bei jungen Großstädtern, denen nur die schnelle und bequeme Fortbewegung wichtig ist, die kein Auto besitzen wollen", sagt Kuhnert.

Diese Entwicklung ist das Ergebnis der technischen Möglichkeiten der Digitalisierung. Mit der Einführung von Robotaxis werden sich die bereits bestehenden Geschäftsmodelle auch beim Pricing weiterentwickeln. Experten gehen davon aus, dass Fahrten für den Kunden kostenlos bereitstehen, wenn er bereit ist, sich in der Zeit Produktinformationen anzusehen. Es ist nicht verwunderlich, dass mit Waymo eine Tochter der Google Mutter Alphabet dabei ist, sich in diesen Markt zu bewegen. Die Domänen der traditionellen Automobilindustrie, das „Bleche biegen“ und der Antriebsstrang sind in Zeiten der Elektromobilität schon sehr bald kein Differenzierungsfaktor mehr.

Die Automobilindustrie ist ein Musterbeispiel dafür, wie die Digitalisierung Geschäftsmodelle drastisch verändert. Die Bereitschaft der Hersteller, sich gemeinsam diesen Herausforderungen zu stellen, zeigt das Bedrohungspotenzial, das die OEM für ihr Geschäft sehen.

Die Immobilienwirtschaft ist insofern mit der Automobilindustrie vergleichbar, als auch hier eine Vielzahl an Parteien im Lebenszyklus von der Entstehung bis zum Rückbau einer Immobilie beteiligt sind. Zudem gibt es unterschiedliche Modelle der Nutzung und Vertragsgestaltung von Räumen und dazu gehörigen Services. Für die unterschiedlichen Player der Immobilienwirtschaft stellt sich die Frage, wie die Nutzenerwartungen ihrer jeweiligen Kunden sich verändern werden und wie technologische und regulatorische Veränderungen Chancen eröffnen, die eigenen Geschäftsmodell zu verändern oder gar völlig neue Ansätze zu entwickeln. Die Automobilindustrie zeigt, dass aus Wettbewerbern Partner werden können, um gemeinsam Chancen zu nutzen und sich gegen neue, kapital- und technologiestarke Konkurrenten zu behaupten.


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Breakout III: Wie zukunftsfähig ist die Idee der Kaltmiete?

Gebäude werden in Zeiten des digitalen Wandels immer häufiger als Hardware verstanden, in deren “vier Wänden” das eigentliche Geschäft gemacht wird. Die Grundidee dahinter ist simpel: Während die Immobilie an sich kaum Daten generiert, sind es Nutzer, die eine Wohnung, ein Büro oder eine Ladenfläche zum Leben erwecken - und aus Sicht vieler Unternehmen auch attraktiv machen. Nicht ohne Grund sind viele Hersteller aus dem IoT-Bereich auch oder ausschließlich im Smart Home- oder Smart Office-Sektor aktiv. In einer Zeit, in der Daten ebenso gewinnbringend sein können wie Geld, lohnt sich deshalb eine Überlegung in eine etwas andere Richtung. Zahlreiche Geschäftsmodelle der Immobilienwirtschaft basieren auf Mieteinnahmen, genauer gesagt auf Kaltmieten. Doch wie zukunftsfähig ist das?

In anderen Sektoren wurden solche grundlegenden Fragen ebenfalls gestellt. In Düsseldorf etwa konnten Fahrgäste des Nahverkehrs kostenfreie Kurzstreckentickets erhalten, wenn sie sich bereit erklärten, Videos von Werbepartnern während der Fahrt zu schauen. Innerhalb eines Jahres konnten so laut Medienberichten rund 70.000 Tickets vertrieben werden. Zwar sind viele Werbepartner aufgrund des wohl mangelnden Mehrwerts abgesprungen, aber die Idee dahinter ist sehr gut. In Mietwohnungen etwa, in denen rund die Hälfte aller deutschen Haushalte wohnt, werden zahlreiche relevante Daten generiert. Was steht im Kühlschrank? Was wird im Fernsehen geschaut? Welche Kleidung hängt im Schrank? Diese Daten sind für Anbieter entsprechender Produkte wertvoll. Und sie werden bislang nicht erfasst - weder vom Vermieter noch vom Anbieter.

Natürlich gibt es heute bereits die Möglichkeit, dass der smarte Kühlschrank meldet, welche Lebensmittel vorrätig sind und welche fehlen. Doch diese werden durch den Kühlschrankhersteller generiert, der damit wertvolle Daten erhält, die dem Vermieter fehlen. Obwohl sie in seinem “Investmentobjekt” generiert wurden. Warum gibt es derzeit keine Schnittstelle zwischen dem Vermieter und dem Anbieter von Lebensmitteln auf Basis eines bereitgestellten Kühlschranks? Unter Umständen könnte ein Versuch zeigen, dass mehrere Haushalte bereit sind, ihre Essgewohnheiten exklusiv mit einem Lebensmittelhändler zu teilen - das machen sie an mehreren Stellen dank eCommerce auch heute schon - um dadurch einen Teil ihrer Mietausgaben einzusparen. Lebensmittelhändler würden dadurch ihre Kosten für das Lead Management reduzieren und könnten sich direkt an den Verbraucher wenden, den sie sonst nur durch teure Werbeanzeigen bei Google erreichen.

Wie viel solch eine Kooperation zwischen Händler und Eigentümer wert ist, lässt sich aktuell nicht beziffern. Dafür fehlt die Grundlage. Doch einen Versuch wäre es sicher wert.


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Keine Angst vor StartUps – Kooperations statt Disruption

Autor: Christopher Smolka, HAHN-Immobilien Beteiligungs AG, Innovation & Venturing Manager

Unternehmen sehen sich immer schnelleren Veränderungszyklen von Marktbedarf, Technologie und wirtschaftlichem Umfeld ausgesetzt. Angesichts dieses Trends besteht die zentrale Herausforderung darin, die Unternehmensaktivitäten bzw. Geschäftsmodelle immer neuen Gegebenheiten anzupassen. Digitale Technologien unterstützen Unternehmen dabei, ihr bestehendes Geschäft zu stärken und zu erweitern. Andererseits bergen diese Technologien auch bedeutende Potenziale für die Herausbildung neuer Geschäftsmodelle. Diese Potenziale sind gerade in der Immobilienwirtschaft hoch und liegen darin begründet, dass digitale Technologien in Immobilienprozessen (noch) nicht standardisiert oder geschützt sind – ob Big Data, Künstliche Intelligenz, BIM oder Blockchain.

Diese Bedingungen begünstigen den Markteintritt von Startups, die neue Technologien und Geschäftsmodelle in die Immobilienwirtschaft einbringen wollen. Deren Geschäftsmodelle können derart innovativ sein, dass sie den bestehenden Immobilienmarkt mit bahnbrechenden Produkten oder Dienstleistungen völlig neu definieren, d.h. disruptieren.

Von dieser Innovationsdynamik profitiert die gesamte Immobilienwirtschaft nachhaltig, wenn etablierte Unternehmen und PropTech-Startups gemeinsam die Marktstandards der Zukunft gestalten.

Die Kooperation sorgt dafür, dass beide Parteien komplementäre Kompetenzen und Ressourcen einbringen, sodass neue Geschäftsmodelle besonders fundiert und marktbezogen aus zweierlei Perspektiven entstehen können:

Einerseits können junge Startups über einen unabhängigen Blick von außen auf die Immobilienwirtschaft frühzeitig Potenziale für die Herausbildung neuer Geschäftsmodelle und die Integration neuer Technologien erkennen, diese mit begrenzten Ressourcen außerhalb großer Unternehmens-Strukturen in einem experimentellen Rahmen vergleichsweise schnell und risikoarm testen, und mögliche Produkte und Dienstleistungen entsprechend agil und iterativ fortentwickeln. PropTechs im Speziellen und Startups im Allgemeinen lehren den großen Akteuren in der deutschen Volkswirtschaft vor allem eines: Kundenfokussierung. Denn in der Regel bieten Sie spezifische Lösungen für genau das eine Problem oder eben jene Herausforderung im alltäglichen Kerngeschäft ihrer Nutzer und Anwender. Und gerade weil sie derzeit als Avantgardisten der Kundenschnittstelle agieren, ist eine enge Kooperation mit ihnen so wertvoll.

Andererseits haben die etablierten Unternehmen die Möglichkeit, Marktbedarfe und Geschäftsmodelle auf Basis langjähriger Markterfahrung und -expertise, ihres direkten Marktzugangs und ihres Branchen-Netzwerks zu bewerten und dabei „über den Tellerrand“ zu schauen. Als starke Kooperationspartner können sie Startups vielfältige strategische Ressourcen bereitstellen, z.B. den Zugang zu ihrer langjährigen Markt-Expertise und zu ihrem vielfältigen Netzwerk sowie zu Markt-Assets. Entsprechende Partnerschaften wären beispielsweise die gemeinsame Erarbeitung von Problemstellungen und Zukunftsthemen über Plattformen wie Innovations-Zentren, d.h. Labs, Hubs und Think Tanks, sowie in Joint Ventures oder neugeschaffenen unabhängigen Unternehmens-Einheiten.

Daneben können Unternehmen Startups und Gründer mittels gezielter finanzieller Ressourcen im Sinne von Beteiligungen und Investments unterstützen, die die weitere Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen begünstigen. Ziele dieser Aktivitäten können ein strategischer Nutzen oder finanzielle Erträge sein. So können Unternehmen strategisch in Startup-Lösungen investieren und damit außerhalb des Unternehmens frühzeitig mögliche zukünftige Geschäftspotenziale explorieren und je nach Möglichkeit und Bedarf im Unternehmen verankern. Abhängig von der strategischen oder finanziellen Zielsetzung bietet sich die Schaffung spezieller gesellschaftlicher Vehikel wie Investmentgesellschaften und Venture Capital-Fonds an. Weitere Instrumente der Startup-Förderung können zudem Accelerator- und Inkubator-Programme sein.

Das Zusammenbringen etablierter Unternehmen und Startups unterstreicht nicht nur, dass zukunftsorientierte und bedarfsgerechte Geschäftsmodelle über einen engen Marktbezug und mit hoher Marktrelevanz entwickelt werden. Letztlich ist eine Zusammenarbeit beider Parteien mehr als sinnvoll und wichtig – sie ist notwendig und unverzichtbar, um neue Geschäftsmodelle herauszubilden, die die Immobilienwirtschaft darin unterstützen, alle bedeutenden Anforderungen und Potenziale digitaler Technologien in der Immobilienwirtschaft der Zukunft optimal und vor allem nachhaltig zu erfüllen und auszuschöpfen.


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Hürden des digitalen Wandels

Der digitale Wandel ist keinesfalls ein Selbstläufer. Er ist ein mitunter schmerzhafter Prozess, der die Art und Weise, wie eine Branche Arbeit, deutlich verändern kann. Andere Wirtschaftszweige, die in ihrer Entwicklung bereits weiter fortgeschritten sind, berichten von zahlreichen Hürden, die sie überwinden mussten.

Diese Hürden sind es auch, denen sich die Immobilienwirtschaft stellen muss. In mehreren Studien wie etwa der Digitalisierungsstudie des ZIA und EY Real Estate wurden solche Stolpersteine bereits identifiziert. Jedes Unternehmen, das das eigene Geschäftsmodell digital ertüchtigen möchte, beziehungsweise neue Möglichkeiten eruieren möchte, sollte sich bewusst machen, dass es an Grenzen stoßen kann – rechtliche und praktische.

Eine Blockade, die auf der Hand liegt, ist das deutsche Datenschutzrecht. Wohl kaum eine europäische Verordnung hat in den letzten Jahren so viel Aufsehen erregt wie die wie General Data Protection Regulation, die in Deutschland als Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) im Mai 2018 eingeführt wurde. Zum ersten Mal sollten Privatpersonen eine verpflichtende Auskunft über die Verwendung ihrer Daten im unternehmerischen Alltag erhalten. So strikt wie die DSGVO war, so unsicher war ihre Auslegung. Alle Unternehmen ab einer bestimmten Größe sind künftig verpflichtet, Datenschutzbeauftragte zu beschäftigen. Die Kernaufgabe dieser Experten lag in den ersten Wochen wohl darin, zu entscheiden, wie mit bestehenden Daten beispielsweise für das Marketing und die Analyse des eigenen Geschäfts umgegangen werden darf. Sind meine Newsletter-Listen DSGVO-konform oder muss ich alle Kontakte anschreiben?

Entscheidender ist aber die Unsicherheit, die damit einherging. Jedes Immobilienunternehmen erfasst tagtäglich Daten. Mietzahlungen, Nutzerdaten und Grundstückswerte sind nur einige Beispiele, was im Alltag der Immobilienwirtschaft erfasst wird. Um aus Big Data nun eben zur Stufe der Smart Data zu kommen, müssen die Daten ausgewertet werden. Bislang sind nahezu alle Unternehmen verunsichert. Es gibt schlicht keine festgelegte Auffassung darüber, was möglich ist und was nicht. Derzeit rollen in ganz Deutschland Abmahnwellen über die deutsche Wirtschaft einher, weil Daten erfasst wurden, die nicht verwendet werden dürfen. Die Gesetzgeber in Deutschland sollten dieses Problem schnellstmöglich in Angriff nehmen, damit Deutschland die Wettbewerbsfähigkeit im Bereich der Digitalisierung nicht erfasst. Das Datenschutzrecht darf nicht auf Präzedenzfällen und Gerichtsurteilen basieren, sondern muss ein genaues Bild zeichnen, wo die Grenzen des rechtlich Möglichen sind. Erst dann können Unternehmen auch verlässliche Strategien zur Datennutzung entwickeln und umsetzen.

Ein weiteres Problem ist zweifelsfrei die „Neuland-Thematik“. Neue Technologien wie etwa Künstliche Intelligenz, Building Information Modeling oder Blockchain überfordern die Politik bislang. An vielen Stellen herrscht Uneinigkeit darüber, wie die Bundesregierung mit der Implementierung dieser Systeme in der Regulatorik und dem politischen Alltag umgehen soll und kann. Inzwischen gibt es zwar Eckpunkte der Bundesregierung für eine Strategie Künstliche Intelligenz und einen eigens zusammengestellten Think Tank, doch fängt dessen Arbeit gerade erst an. Man könnte das politische Umfeld somit getrost als innovationsfeindlich beurteilen. Was passiert, wenn neue Geschäftsmodelle durch neue Gesetze plötzlich gegen geltendes Recht verstoßen? Werden sie ihre wirtschaftlichen Ziele in Ländern mit liberalerer Gesetzeslage weiterverfolgen oder müssen die Geschäftsmodelle dann grundlegend verändert werden? Die Bundesregierung sollte zwingend darauf achten, neue Technologien nicht durch fehlgeleitete Regulatorik im Keim zu ersticken.

Diese fehlgeleitete Regulatorik findet sich auch im Schriftformerfordernis. Mietverträge müssen schriftlich abgefasst und von beiden Vertragspartnern eigenhändig mit voller Unterschrift unterzeichnet werden. Erst dann gilt das Rechtsgeschäft als vereinbart. Beim Kauf etwa muss sie zusätzlich notariell beglaubigt werden. All diese Schritte können ohne weiteres digital umgesetzt werden, lediglich das „Ausdrucken“ stellt einen erheblichen Medienbruch dar. Miet- und Kaufverträge müssen dann analog vorgelegt werden, um anschließend wieder digitalisiert zu werden. Das ist nicht mehr zeitgemäß.

Zudem darf die Politik selbst den digitalen Wandel nicht verpassen. Kommunen, Länder und Bund stellen eine der wichtigsten Schnittstellen für die Immobilienwirtschaft dar. Noch heute müssen Grundbuchauszüge und Baugenehmigungen analog beantragt und analog ausgewertet werden. Das bedeutet für die Immobilienwirtschaft einen doppelten Medienbruch. Die digitale Planung muss ausgedruckt und der Planungsbehörde zur Verfügung gestellt werden, die zu erstellende Baugenehmigung muss dann wieder digitalisiert werden, um sie im BIM-Modell zu verarbeiten. Inzwischen agieren mehrere Kommunen bereits mit digitalen Baugenehmigungsverfahren, häufig handelt es sich da aber noch um Piloten. Der Weg ist also der richtige, die Geschwindigkeit ist jedoch – bislang – zu gering. Das digitale Planen und Bauen wird im öffentlichen Infrastrukturbereich bereits länger angewendet. Es wird Zeit, dass dieses Modell auch im öffentlichen und privaten Hochbau Einzug hält.

Zudem wäre die Zurverfügungstellung öffentlicher Grundstücksdaten und Gutachterwerte eine wirkliche Innovation für die Immobilienwirtschaft. Digitalisierung bewirkt Transparenz. Zwar lebte unsere Branche in den vergangenen Jahrzehnten häufig davon, dass Kauf- und Mietpreise nicht kommuniziert wurden, doch dreht sich dieser Ansatz derzeit um. Eine präzise Datenlage kann die Ankaufs- und Investitionsentscheidungen erheblich beschleunigen. Zudem hätten alle Marktteilnehmer gleiche Voraussetzungen bei der Prüfung neuer Investitionen.

Ein prägnantes Thema, das der Branche niemand abnehmen kann, ist indes die Standardisierung – und zwar auf allen Ebenen. Viele Unternehmen arbeiten mit mehreren Systemen, die untereinander nicht kommunizieren können. Sie erfassen zahlreiche Daten, die keiner Systematik folgen. Es fehlen übergeordnete Richtlinien, denen nahezu alle Marktteilnehmer folgen können. Vergleichbar ist das mit den Dateiformaten von Microsoft, Adobe & Co. Wir sind es seit vielen Jahren gewöhnt, damit zu arbeiten. Sobald uns jemand ein odt-Dokument schickt, sind wir verunsichert. Im globaleren Rahmen passiert das aber auch heute. Unsere Branche muss sich gemeinsam mit Software- und Technologie-Anbietern Standards überlegen, die für neue und bestehende Produkte gesetzt werden können. So funktioniert es auch, neue Software-Lösungen an das bestehende System ohne immens hohen Onboarding-Aufwand anzudocken. Für junge Unternehmen und Geschäftsmodelle ist das eine wichtige Grundlage für die Akquise.

Es ist viel zu tun, um die Grundlagen des digitalen Wandels zu verbessern. Dafür müssen alle Unternehmen zusammenarbeiten. Die Zeit der Einzelgänger ist zweifelsfrei vorbei. Neue Technologien leben von Skalierung, Individuallösungen sind kaum mehr gefragt. Natürlich muss jeder Marktteilnehmer schauen, wie sein eigenes Geschäft davon profitieren kann, aber Technologien benötigen zahlreiche Daten, um sich weiterentwickeln zu können. Niemand muss fürchten, die Konkurrenz klug zu machen. Vielmehr sollten sich Unternehmen davor fürchten, den Anschluss zu verlieren, indem sie ihre Daten nicht preisgeben.


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